Challenge Wanaka feiert kleine feine Premiere

21.01.2007 –  Haupt-Administrator

 

Der Kanadier Luke Dragstra und die Australierin Belinda Granger sind die Sieger der ersten Ausgabe der Orca Challenge Wanaka. Das neue Langdistanz-Rennen auf der Südinsel Neuseelands (3,8 km…

 

Der Kanadier Luke Dragstra und die Australierin Belinda Granger sind die Sieger der ersten Ausgabe der Orca Challenge Wanaka. Das neue Langdistanz-Rennen auf der Südinsel Neuseelands (3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,195 km Radfahren) ist der erste internationale Ableger der Anfang 2002 gegründeten Challenge im fränkischen Roth, einer der bedeutendsten Veranstaltungen der weltweiten Langstreckentriathlon-Szene.

Für Dragstra, den Fünftplazierten der Ironmanrennen in Wisconsin und Westaustralien im vergangenen Jahr, ist der Sieg in Wanaka der größte Erfolg seiner Karriere als Vollzeit-Triathlet. Der seit einigen Jahren für das deutsche Hansgrohe-Team Schwarzwald startende Kanadier galt bisher als Spezialist für Mitteldistanzrennen auf anspruchsvollen Kursen. Für den großen Coup auf der Langdistanz, so schien es, fehlten ihm Geduld und Stehvermögen und damit zwei Fähigkeiten, die auf den ebenso anspruchsvollen wie landschaftlich reizvollen Rennstrecken rund um die neuseeländische Kleinstadt Wanaka besonders wichtig sein sollten.

„Alles mobilisiert“

“Es war ein sehr harter Tag, aber ich hatte diesmal keine ernste Schwächephase,” sagte Dragstra nach dem Rennen. “Ich konnte meinen zweieinhalbminütigen Vorsprung vor Justin [Granger, Ehemann der Siegerin der Damenkonkurrenz] auf der Laufstrecke lange Zeit verteidigen. Mitte der zweiten Runde wurde es dann immer schwerer und in den letzten steilen Anstiegen wurde mir gesagt, dass es doch noch eng werden könnte für meinen Sieg. Da habe ich alles mobilisiert, was ich noch hatte; auf dem Scheitelpunkt der Steigungen vier Kilometer vor dem Ziel war ich dann sicher, dass ich das Ding nach Hause laufen würde. Dragstras Siegerzeit von 8:54:17 Stunden (Bestzeit 8:36:51 Std., IM Western Australia 2006) zeugt von der Härte des Kurses, den die Sieger und Platzierten nach dem Rennen unisono als einen der aufregendsten und schönsten der weltweiten Langstreckenszene lobten. Favorit Kieran Doe, der nach dem Schwimmen noch in Führung gelegen hatte, gab das Rennen nach 80 Kilometern der Radstrecke entkräftet auf. Der Neuseeländer litt unter den Folgen eines schweren Radunfalls sechs Wochen zuvor, eine Viruserkrankung in der Rennwoche hatte die Vorbereitung zusätzlich gestört.

Eine Herde Schafe

Dabei sind es nicht so sehr die rund 1.000 Höhenmeter, die die Radstrecke schwer machen: Der typische raue Asphalt der neuseeländischen Landstraßen und das ständige Auf und Ab mit kurzen Rampen bis zu zehn Steigungsprozenten bieten wenig Gelegenheit zur Erholung. Wenn nicht – wie im Fall der Frauensiegerin Belinda Granger – eine Herde der berüchtigten neuseeländischen Merino-Schafe für einen unfreiwilligen Zwischenstopp sorgt. „Ich habe fast drei Wochen lang hier trainiert und Schafe sind mir dabei kein einziges Mal in die Quere gekommen – beim Race-Briefing musste ich über die Warnung deshalb schon lachen. Und dann war nach 70 Kilometern die Straße plötzlich voll von Schafen, es müssen Hunderte gewesen sein."

Sorgen um ihre Siegchancen musste sich die fünffache Ironman-Gewinnerin deshalb aber nicht machen. Ihren fünfminütigen Rückstand auf die ehemalige Schwimmspezialistin Hillary Biscay (USA) hatte die Australierin bereits vor der 90-Kilometer-Marke ihrer Lieblingsdisziplin wettgemacht und dabei die für ihre läuferischen Fähigkeiten bekannte Neuseeländerin Karyn Ballance auf über 18 Minuten distanziert. „Trotzdem darf man sich bei solchen Konkurrentinnen zu keiner Zeit eine Schwäche erlauben – eine einzige Krise auf der Laufstrecke, und der Vorsprung ist schneller dahin als man denken kann“, meinte Granger später.

Offroad-Abschnitt sorgt für Abwechslung

Grangers Trainingspartnerin Biscay („sie ist wie meine kleine Schwester“, O-Ton Granger) bekam das kurz vor der letzten Passage des schmalen Trails am Ufer des Clutha-River zu spüren. Der malerische Offroad-Abschnitt des Zwei-Runden-Marathonkurses würde einem Xterra-Rennen zur Ehre gereichen, der kleine Vorteil des Schattens der Bäume wird durch scharfe Steigungen, enge Kurven und aus dem Boden ragende Wurzeln wettgemacht. „Dieser Teil der Strecke ist in der zweiten Runde kein Zuckerschlecken, aber er macht die Lauftrecke so abwechslungsreich, dass man völlig vergisst, wie lang 42 Kilometer sind“, schwärmte Ballance in der Pressekonferenz nach dem Rennen. "Ich glaube und hoffe, dass die Challenge Wanaka mit ihrer wunderschönen Landschaft und der perfekten Organisation in wenigen Jahren zu den ganz großen Rennen gehören wird. Man kann bereits spüren, wie stolz die Einwohner dieser kleinen Stadt auf ihr neues Rennen sind, das alles erinnert mich an Roth.“ Ballance selbst wird im kommenden Jahr nicht mehr dabei sein, die Zweitplatzierte verkündete im Anschluss ihren Rücktritt vom Triathlonsport. „Es ist ein schöner Abschluss meiner 14-jährigen Ironman-Karriere, bei der es ausgerechnet auf Hawaii nie zu einem guten Rennen reichen sollte“, sagte Ballance mit Tränen in den Augen.

Nur 230 Starter

Aller Anfang ist schwer. Das musste auch Challenge-Wanaka-Renndirektor Matt Tuck erkennen, zu dessen ganz in der Tradition der großen deutschen Schwesterveranstaltung ausgerichteten Premiere gerade einmal 80 Einzelstarter und 50 Teams fanden. Was, so glaubt Ballance, auch daran liegen könnte, dass die ursprünglich noch im benachbarten Queenstown geplante Veranstaltung mit dem eiskalten Wasser des Lake Wakapitu und einer Radstrecke mit mehr als 3.000 Höhenmetern viele abgeschreckt haben dürfte. „Dort wäre ich niemals an den Start gegangen“, meinte auch Granger. Der Umzug ins 70 Kilometer nördliche Wanaka im vergangenen Oktober wurde von Organisator Matt Tuck vor allem damit begründet, dass die entschärfte Radstrecke und das um mehrere Grad wärmere Wasser des Lake Wanaka das Rennen auch für Athleten der Nordhalbkugel attraktiv machen soll, die mit einem Ausflug nach Neuseeland für ein paar Tage dem Winter entfliehen und sich Motivation für die europäische Triathlonsaison holen wollen.
Jens Richter aus Wanaka

Orca Challenge Wanaka
Wanaka (Neuseeland), 20. Januar 2007
3,8 - 180 - 42,195 Kilometer

Frauen
1. Belinda Granger (AUS) 9:38:26 Std.
2. Karyn Ballance (NZL) 9:54:27
3. Hillary Biscay (USA) 9:58:35

Männer
1. Luke Dragstra (CAN) 8:54:17
2. Jason Granger (AUS) 8:55:35
3. John Newsom (NZL) 9:05:58

(Anmerkung: Der ursprünglich auf Platz drei geführte Tscheche Petr Vabrousek wurde in Führung liegend bei Laufkilometer 27 von den Wettkampfrichtern des neuseeländischen Verbandes gestoppt, weil er beim Schwimmen verbotene Neoprenhandschuhe getragen hatte. Die vom Verband empfohlene Zeitstrafe von zehn Prozent der Schwimmzeit [53:37] wurde vom Veranstalter abgelehnt, Vabrousek wurde disqualifiziert.)

Komplette Ergebnisse auf der Website des Events